Die Pickerl-Prüfstelle

Wo der deutsche Kraftfahrer topologisch feinsinnig zwischen Autobahnkreuz und Autobahndreieck unterscheidet, da steht im fröhlichen Österreich nur etwa: Knoten Salzburg. Das beschreibt stets treffend Straßenführung und -verkehr zugleich, denn ein Knoten ist meistens zu. Eine Pickerl-Prüfstelle ist, hochdeutsch interpretiert, eine Werkstatt, wo’s die Plaketten des technischen Überwachungsvereins gibt. Denn was österreichisch pickt, das haftet. Haften bleibt denn auch nach einer kleinen Reise in das heimatliche Land diese pointiert-präzise Sprache, die kurz und bündig und gar nicht amtlich-allumfassend oder langweilig wortzusammensetzend die Dinge bei ganz eigenen Namen nennt. Wie sprachlich schlicht und mutig ist’s doch, einfach Maut zu zahlen statt einer ungetümen Straßenbenutzungsgebühr.

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Diese Glosse erschien am 25. Februar 1992 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ich hatte sie auf der Rückfahrt von einem Skiwochenende (österr. eher: Schiwochenende) im Stubaital geschrieben. Gleich danach habe ich – nach über zehn Jahren – Tandem Computers verlassen. ›Moralisch‹ hat mir gerade dieses Skilaufen dabei riesig geholfen – das aber ist eine andere Geschichte ... Auch natürlich, daß heute ›Pickerl‹ die österreichischen Autobahngebührenaufkleber sind.

Dazu schreibt mir Mag. Andreas Zirnig: »Die Aussage ›Auch natürlich, daß heute ›Pickerl‹ die österreichischen Autobahngebührenaufkleber sind.‹ muss ich allerdings etwas korrigieren. ›Pickerl‹ wird in Ostösterreich nach wie vor für beliebige ›Aufkleber‹ verwendet. Ist von Autos die Rede (z.B. ›das Pickerl ist abgelaufen‹), wird es als ›Prüfplakette‹ verstanden. Will man sich aber auf die Autobahngebühr beziehen, sagt man nicht einfach ›Pickerl‹, sondern ›Autobahnpickerl‹, häufig aber auch ›Vignette‹, das auch die amtliche Bezeichnung ist.« Dankeschön!

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