Ein paar Minuten für eine kurze Geschichte? Meine Tochter brachte sie aus der Schule mit. Georg Britting schrieb sie in den »nachexpressionistischen zwanziger Jahren« in München, laut Dietrich Bode im Nachwort des Reclam-Heftchens. Ich will die Moritat nicht kommentieren, den etwas mühsamen Anfang, die dräuende Dichte dann und die kunstvolle Kürze an der entscheidenden Stelle, ungläubig, wie stotternd wiederholt.
   »Wir leben vom Nichterklärten«, schrieb damals Wilhelm Lehmann, Brittings norddeutsche Gegenstimme, wieder laut Bode, der meint: »Die Intensität der Anschauungsreize ist durch Detailsicht und ›Härte‹, durch Ausbrechen aus dem gewohnten Sehen, aber auch durch Häufung erhöht.« Das sollten wir Schreiber bedenken: Bewegung passiert im Leser, der Schreiber stößt sie bloß an – wie ein Dompteur, mit wenigen, ›scharfen‹ Worten. Sogar Technisches wirkt wirklicher, wenn gerade nur das Wenige, das Erstaunliche beschrieben ist.

Den »Brudermord im Altwasser«
und viel mehr noch lesen Sie von und über Georg Britting auf den Seiten
http://www.Britting.De.
Dort liest Geog Britting seine »Brüder im Altwasser« sogar selbst vor, worauf technisch das Trio Schuldt-Britting-Betz-Jörn geachtet hat.

Übrigens: Eine »Wasserjungfer« dort ist eine Libelle, eine »Staunze« ist eine Gelse oder Stechmücke, gelegentlich auch eine Nachtfliege. Das Wort soll in der Oberpfalz vorkommen, in Altötting und in Kindergeschichten. (Aus Georg Britting, »Die kleine Welt am Strom«, Geschichten und Gedichte, mit einem Nachwort von Dietrich Bode, Reclam-Heft 9965, ISBN 3-15-009965-X, drei Mark bloß, gleich hier bestellen!)

»Das Goldstück«
Dieses berühmte Brittingsche »Goldstück« ist ein Juwel! Sie sollten es nicht nur mit Spannung lesen, Sie sollten es ausdrucken und dann beide Varianten vergleichen, die Urfassung vom 31. Jänner 1951 (»Der Indienfahrer kam nach Hause«) und die »autorisierte« spätere Fassung. Britting hat den Text geschärft und das Verbrechen gemildert, finde ich. Ja: Feilen, immer wieder feilen, dann ein guter Lektor, das macht jeden Text besser und besser! Und wie beim Handwerk am Schraubstock ist Wegnehmen oft mehr als Zufügen ...

Georg Britting, am 17. Februar 1891 auf einer Donauinsel in Regensburg geboren, lebte viele Jahre in München und starb dort, 73-jährig, am 27. April 1964. Als Student im zweiten Semester Nationalökonomie zog er als Freiwilliger in den ersten Weltkrieg. Schon im November 1914 wurde er in Flandern verwundet, erhielt dann als Kompanieführer während der Märzoffensive 1918 einen Lungendurchschuss und einen Treffer im rechten Arm, die seine schwere Gestalt fortan zeichneten, seine wortkarge Art verstärkten. Empfehlenswert auch sein Band »Der Eisläufer« mit vier kurzen Erzählungen, vier Mark, hier bestellen, oder gleich die »Prosa 1940 – 1964« für 78 Mark.
   Über ihr gemeinsames Leben von 1951 bis 1964 berichtet seine Witwe, Ingeborg Schuldt-Britting, in »Sankt-Anna-Platz 10« (DM36, hier bestellen, Text).
   Georg Britting darf man nicht mit Georg Brütting verwechseln, der über Segelflugzeuge, Sturz- und sonstige Kampfflugzeuge geschrieben hat.

PS: Als hier noch der volle Text des Brudermordes stand, gab diese Seite Anlass zu einer spannenden Geschichte ... und zu einer neuen Freundschaft.

Fritz@Joern.De - www.Joern.De - ©Fritz Jörn MIM
Zur zugehörigen Glosse »Zeitloses Internet«
Zurück zu den Sprachtipps
Zurück in die Heimat (home)