Leider, meine Damen und Herren, ist die unten zitierte Stelle aus dem Netz verschwunden. Unserer Kritik halber?
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Reden schreiben

Eine Rede schreiben ist ein Widerspruch in sich. Trotzdem stehen wir gelegentlich vor dieser Aufgabe. Die Rede soll nicht nur möglichst frei gesprochen klingen, sie soll dem Redner von Herzen kommen. Am schwierigsten wird das, wenn einer eine Rede für einen anderen schreibt. Da kommt Angst auf, bei beiden.

Man muß noch einfacher texten. Das Wichtige vorne im Satz bringen. Weiter hinten im Absatz dürfen die Sätze dann länger werden. Trotzdem: Der Hörer kann nicht zurücklesen. Gelegentlich kommen Hörer auch zu spät, schlafen zwischendurch ein, oder bekommen etwas nicht mit. Das Thema muß also wiederholt werden, denn es geht um Reden.

Dem Redner sei Gefühl, ja Temperament empfohlen. Der vorsichtige Redenschreiber fügt seinem Chef gelegentlich ein »daran gibt es für mich keinen Zweifel« oder »darin sind wir uns alle einig« ein, er läßt ihn sagen: »und ich betone dies noch einmal mit großem Stolz«, fügt bei Themenwechseln nochmals »Meine Damen und Herren« ein.

Sehen Sie sich einmal in einer ruhigen Stunde zum Beispiel die Rede Dr. Sommers vom 11. November 1997 über »Schulen ans Netz« an, dort, im Netz, unter www.clarasil.de\san\berichte\manu_sommer.html. Vergessen Sie dort die wirklich wenigen Tipp- und Grammatikfehler.

Obwohl: Grammatikfehler passieren nur bei allzulangen Sätzen wie »Ich darf die Gelegenheit nutzen und allen unseren Partnern in dem für die Zukunft der Bildung in Deutschland so wichtigen Projekt einen großen Dank für die hervorragende Zusammenarbeit und die ausgeprägte Kooperationsbereitschaft auszusprechen.« Gemerkt?

Deutsch neigt zu Klammern: »Der Bildungsstandort Deutschland galt im Vergleich vor allem zu den Vereinigten Staaten, wo die Anbindung der Schulen beispielsweise ans Internet bereits weit fortgeschritten war, als hoffnungslos rückständig.« Beim Feilen am Text würde man zuerst die hoffnungslose Rückständigkeit vorziehen: »Der Bildungsstandort Deutschland galt als hoffnungslos rückständig, vor allem im Vergleich zu den Vereinigten Staaten ...«. Dann könnte man kürzen: »Deutschland galt als hoffnungslos rückständig, im Vergleich zu Amerika, wo viele Schulen schon im Internet sind.« – Das aber senkt den Sprachstil und wäre einem Dr. Sommer wohl nicht zuzumuten.

Und zum Schluß, meine Damen und Herren:

Bei Reden gilt noch viel mehr als bei Artikeln: Laut lesen! Immer wieder laut lesen.

Fritz@Joern.Dewww.Joern.De – ©Fritz Jörn MIM
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