Der Beistrich, besonders vor um zu

Ja die gute, alte Zeit...

In der guten, alten Zeit hieß das Komma Beistrich und wurde peinlich präzise gesetzt, jedenfalls wollen wir das einmal annehmen. Heute zwei der häufigsten Kommafehler:

1. Kann man es sich nicht verkneifen, immer gleich mehrere, ähnlich wichtige Eigenschaften aufzuzählen, dann müssen sie durch ein Komma getrennt werden. Nur wenn eine Eigenschaft eine andere näher beschreibt (»peinlich präzise«, »ähnlich wichtig«), dann nicht. Das ist Duden-Regel 63 (in der alten, der 20. Auflage Regel 90). Die Duden-Ausnahme mit dem »dunklen bayrischen Bier« stammt noch aus der Zeit vor dem Weißbier.
Wirklich weiß nur der Autor eines Textes, wie’s richtig ist, denn nur er kennt den Sinn der Sache. Fehlerlose Kommaqualität muss immer gleich von Anfang an rein in den Text! So geht es zum Beispiel beim »ersten, falschen Komma« um ein ganz bestimmtes Stricherl, nach dem »ersten falschen Komma« erwartet man hingegen derer noch viele...

2. Ein Nebensatz, der – vereinfacht gesagt – irgendwie »um zu« drin hat, verdient immer ein Komma davor, um ihn vom Hauptsatz zu trennen.
Nach dem letzen vorreformatorischen Duden, der zwanzigsten Auflage, muss ein Infinitiv mit zu, wenn er nicht ganz nackt dasteht, sondern mit weiteren Wörtern »erweitert« wurde, durch ein Komma getrennt werden – siehe dort Regel 107. Der neue schwarz-rote Reformduden erlaubt in seiner entsprechenden Regel 75 das Komma auch wegzulassen. Das sieht dann so wie eben aus und lehnt sich an die alte Regel an, dass ein nicht erweiterter, glatter Infinitiv mit zu »in den meisten Fällen« ohne Komma auskommt – alte Regel 108: »Er hörte auf zu schreiben.«
Mein Freund Markwart Lindenthal hat diese Kommaregel auf den Punkt gebracht: »Sobald ein drittes Wort dazukommt,
muß ein Komma gesetzt werden.« Die gute alte Regel 107 ist sogar noch strenger: »Sie ging in die Stadt, um einzukaufen«, fordert sie.

Fritz@Joern.De - www.Joern.De - ©Fritz Jörn MIM

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... Lindenthals ›muß‹ anders zu schreiben, hätte er mir nie verziehen ... Wir wollen uns nicht aufregen über die neue Rechtschreibung!