Georg Trakl

»In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid.« Georg Trakl schreibt diese Zeile 1913 in seinem Gedicht »Vorstadt im Föhn«*). Für Barbara Frischmuth, die dieses Gedicht am 12. Juli 1997 in der FAZ interpretierte, »einer der schönsten Lyrikzeilen«. Warum? Weil man sich gleich etwas vorstellen kann. In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid. Man sieht was, samt Bewegung. Herausgegriffen ist nur ein Detail – nicht das Kind, nicht die Schar, nicht der Spielplatz, nicht die Häuser darumherum. Gezeigt wird ein Beispiel, ein Muster. Wir dagegen verfallen allzuoft dem Katalogstil, wo wir alles bringen, was wir meinen sagen zu müssen über was wir zu können glauben. Dabei ist ein einziges Argument (notfalls zwei oder drei, nicht mehr!) treffender, merkbarer, überzeugender als ein lange Latte, die sich eh keiner merken kann. (Das gilt natürlich nicht für Verträge und Datenblätter.) Trakl zeigt auf einen kleinen Fleck, einen roten.

*) »Das dichterischer Werk«, DTV München, 336 S., br., 19,90 DM, bestellbar über Amazon.De

Fritz@Joern.De - www.Joern.De - ©Fritz Jörn MIM
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