Zeitungskopf Zeitschrift des Oesterr. Ingenieur- und Architektenvereines

Zeitschrift des Oesterr. Ingenieur- und Architekten-Vereines, LI. [= 51. fj] Jahrgang. Wien, Freitag, den 3. März 1899 Nr. 9.

Eine Reise nach Klondyke [dreier Brüder im Jahr 1898. fj]

Vortrag des Herrn Berg-Ingenieurs Zdenko Hořovský, gehalten in der Versammlung der Fachgruppe der Berg- und Hüttenmänner am 1. December 1898.

Bis vor zwei Jahren hatte die civilisirte Welt nur sehr vage Vorstellungen von Alaska; man wusste nur, dass dieses Land hoch im Norden liege; einige in der Geographie besser Bewanderte wussten auch, dass die Beringstraße dort irgendwo vorbeiführe, mehr war nicht bekannt. Interesselos schlummerte das Land seit Jahrhunderten. Von Mitte Juni 1897 an konnte man aber kein Zeitungsblatt in die Hand nehmen, ohne auf Artikel über angeblich sehr große, in Alaska gefundene Goldfelder zu stoßen. Die Zeitungen nannten auch Klondyke und Dawson City, aber auf keiner Karte waren diese Namen zu finden.
   Seit etwa zehn Jahren wurde der Yukon bereits von Goldgräbern befahren, es wurde auch eine Stadt, namens Circle City, gegründet, die Stadt am Kreis (Polarkreis), die Goldfunde hatten jedoch nur genügt, um das beschwerliche Leben der Goldgräber zu fristen. Als nun im Sommer des Jahres 1896 das erste Gold auf einem Zuflusse des Klondyke – der Klondyke ist Nebenfluss des Yukon – gefunden wurde, da waren es zuerst die Goldgräber von Circle City, die Besitz von dem neuen Land nahmen. Sie »stakten«, wie der amerikanische Ausdruck dafür lautet, die Bonanza, dann den Eldorado und arbeiteten in aller Stille eine geraume Zeit, ehe die Außenwelt auf ihre Erfolge aufmerksam gemacht wurde.
   Als nun der Dampfer »Excelsior« im Juni 1897 zum ersten Male mit ¾ Millionen Dollars und kurz nachher auf einer zweiten Reise am 16. September 1897 von St. Michail mit 2½ Millionen Dollars Goldstaub ankam, da zeigte es sich, dass das Gerücht von dem Goldreichthum auf Wahrheit beruhe und Tausende suchten nun, vom Goldfieber ergriffen, den geeignetsten Weg nach Klondyke. Es gab eine Zeit, in der man sagen konnte, alle Wege führen nach Klondyke. Als passirbar wurden die folgenden empfohlen:
Fig. 1. Uebersichtsplan von Nordamerika. Klickbar (227 kByte)
   Der Weg über Edmonton (siehe Fig. 1, Skizze von Nordamerika [moderne Skizze]), der von der Station Calgary der Canadia Pacific ausgeht und sehr langwierig ist. Man trachtete den Mackenzie River zu erreichen. Dieser Fluss wird durch Indianer auch als goldführend bezeichnet. Viele ließen sich zu diesem Wege durch die Sorge verleiten, dass Klondyke bereits ganz besetzt ist, andererseits hofften sie, dass sie schon am Mackenzie River so glücklich sein würden, wie die Klondyker. Zu meiner Zeit, im August dieses Jahres [1898. fj], hat noch keiner der Reisenden, die über Edmonton giengen, Dawson erreicht und über ihr Schicksal herrscht vollkommene Ungewissheit. Eine andere Route ist die über den Teslin Lake, aber auch diese wurde des zu großen Landweges wegen aufgegeben.
   Eine weitere Route ist über den Dalton Trial. Dieser ist eigentlich ein Reitweg und eignet sich für Viehtransporte ganz besonders. Thatsächlich wurden im letzten Sommer 1000 Stück Rindvieh auf diesem Wege bis Fort Selkirk getrieben. In den Sommermonaten finden die Thiere genügend Gras am Weg, die Cowboys, diese professionsmäßigen, berittenen Kuhhirten von Nordamerika, treiben das Vieh bis zum Pelly River, von da wurde das Vieh auf Flössen oder Flachbooten bis Dawson herunter geschwemmt.
   Der sehr lange Seeweg über St. Michail eignet sich für schwere Lastentransporte und für Sommertouristen, die die ganze Reise bequem zurücklegen wollen und denen gar nichts daran gelegen ist, wann sie in Dawson ankommen. Die Ocean-Dampfer bringen Passagiere und Frachten bis St. Michail, dort wird alles auf Flussboote umgeladen, und nun geht es den Yukon hinauf. Der Uebelstand liegt nun darin, dass die Mündung des Yukon vor Ende Juni nicht eisfrei wird. Dawson ist bereits Ende April schnee- und eisfrei, aber erst in der zweiten Hälfte Juli gelangt man über St. Michail dahin.
   Ein weiterer Uebelstand besteht noch darin, dass die schiffbaren Arme des Yukon so ausserordentlich rasch versanden, dass man bei jeder Fahrt wieder eine neue Strecke lotsen muss. Als Lotsen werden Indianer verwendet, aber auch ihre Erfahrung versagt jeden Augenblick.
   Die am meisten frequentirte und aus vielen Gründen zweckmäßigste Route ist die über Lake Bennett von Skygway aus; diese Route hatte auch ich mit meinen Brüdern genommen, aber [Ende Seite 129. Seite 130:] zu jener Zeit war der Weg noch nicht das, was er heute ist, keine Eisenbahn, keine Dampfer, keine Herberge. Die Reise war aber schwieriger als die auf den anderen Wegen, weil man die beschwerlichsten Pässe passiren musste, sie hatte aber den großen Vortheil, dass sie geographisch die kürzeste war.
   Ueber St. Francisco sind es vorzugsweise der amerikanische Hafen Seattle und der canadische Hafen Vancouver in British Columbian [sic!], die ziemlich gute Dampferverbindungen mit Skagway besitzen. Wir langten von New-York auf der Canadian Pacific in Vancouver an. (Ich will hier einschalten, wie der Klondyke Rush zu der gegenseitigen Concurrenz zwischen den einzelnen transcontinentalen Bahnen geführt hat. Eine Fahrkarte inclusive Pullman Car, welche sonst $ 100 = fl. 250 kostet, wurde um $ 35 = fl. 85 geboten. [fl. ist die Abkürzung für
Gulden {Florentiner}, warum hier mit Gulden und nicht mit österr. Kronen verglichen wird, weiß ich nicht. fj]) In Vancouver hieß es nun, das Geeignete an Proviant für ein ganzes Jahr, Werkzeuge, Geräthe und Kleider zu wählen. Man wäre aber nicht in Amerika, wenn dem Käufer hier nicht schon Alles in completer Form geboten würde.
   Den schwierigsten Theil der Reise, den Transport und den Weg über den White Pass, beschlossen wir mit eigenen Pferden zu besorgen. Wohl übernehmen für diesen Theil des Weges den Transport des Gepäckes auch Packers, der Preis für das Pfund schwankte aber je nach der Nachfrage zwischen 15 und 30 Cents, das ist 75 bis 150 kr. [
Kreuzer; 1 fl. = 100 kr.] per Kilogramm. Wenn Sie bedenken, dass man 1000 bis 2000 kg Gepäck mitführt, so macht das für eine kurze Strecke von ca. 40 englischen Meilen schon einen enormen Betrag aus.
   Wir benützten zur Fahrt nach Skagway das Dampfboot »Ningchow«, auf welchem wir Goldsucher aus aller Herren Länder trafen; Südafrikaner, Australier, Engländer u. s. w. Die Amerikaner waren aber schon voraus.
   Die Reise längs der Küste Nordamerikas ist reich an landschaftlichen Reizen. Sie ist für die Amerikaner das, was für die Europäer eine Nordlandsreise ist.
Der Weg schlängelt sich durch zahllose, schön mit Nadelholz bewachsene Inseln hin, und dann sieht man auf einige Meilen wieder die offene See, deren glatte Oberfläche nur durch die springbrunnenartigen Wasserstrahlen der Walfische unterbrochen wird. In Skagway wurde das Gepäck an’s Dock geworfen, und man hatte sich von nun an selbst darum zu kümmern.
Fig. 2. Skagway.
   Skagway war damals nur ein Complex von Häusern und brannte im Mai zum großen Theile ab, wurde aber bald neu aufgebaut. Heute (Fig. 2) ist es der Anfangspunkt einer kühn angelegten Eisenbahn. Die Bahn ist bereits bis zur Hälfte des Weges zum Lake Benett ausgebaut und soll successive bis Dawson führen. Auf meiner Rückkehr fand ich da bereits 5 Locomotiven, Personen- und Frachtwagen. Von Skagway sind es ca. 6 engl. Meilen nach Dyea, dem Anfang des Weges über den Chilcootpass. Zu jener Zeit war der Weg am Chilcoot zum großen Theil durch eine Schneelawine verschüttet. An 50 Goldsucher fanden dort an einem Tage ihren Tod; wir zogen es vor, über den Whitepass nach dem Lake Benett zu ziehen. Aber auch dieser Weg, wenn er auch nicht so steil ist, wie der Chilcoot, ist ein sehr mühseliger, und die todten Pferde, die auf dem ganzen Weg entlang liegen, brachten diesem Weg den Namen »dead horse trial [sic, richtig wäre ›trail‹ statt ›trial‹, Versuch. fj], der todten Pferde Pfad. Im vorigen Herbst sind dort an 3000 Stück umgekommen, und auch wir hatten die unseren schließlich verloren. Gewöhnlich brachen sie sich die Füße, worauf man sie mit dem Revolver niederschoss.
   Von Skagway schloss sich uns eine Partie von Engländern an, darunter auch ein junges Ehepaar aus London. Die Engländer sind eben nicht in Verlegenheit, wenn es sich darum handelt, den Plan einer Hochzeitsreise zu machen. Mss. [sic!] Arthur, die junge Frau, trug viel dazu bei, die Monotonie der Reise weniger fühlbar zu machen; sie legte auch mit Hand an, wo es Noth that.
   Als wir endlich die Schneeregion erreichten, wurde das Reisen etwas flotter. Auf dem Schlitten konnte man mehr unterbringen, als wenn man das Pferd bepackte. Das Langweilige bestand nur darin, dass jeder Weg etwa dreimal wiederholt werden musste. Man spannt vor einen oder zwei Schlitten ein Pferd, fährt damit ca. 6 Meilen (= 10 km), lagert das Gepäck dann auf einem beliebigen Ort am Weg ab, 1ässt es ohne irgend eine Bewachung liegen, und kehrt um den Rest des Gepäcks zurück. In diesen Etappen-Märschen wird schließlich der Summit erreicht. Fig. 3 zeigt den Summit, vom Whitepass aus gesehen.
Fig. 3. Der Summit, vom White Pass aus gesehen.
   Am Summit ist die Grenze zwischen Alaska und Canada durch eine Flagge markirt, auch eine Art Zollstation existirt hier; man wird jedoch von der Mounted Police, welche diesen Dienst versieht, sehr coulant behandelt und in einigen Minuten abgefertigt. Am Summit hatte sich bereits so viel Gepäck angesammelt, dass dort ein ganzes Zeltdorf entstand. Mit aller Eile trachtet man aus der Schneeregion wieder herunter zu kommen.
   Die Saison war mittlerweile so vorgeschritten, dass es gefährlich gewesen wäre, auf dem Eise der Seen weiter zu reisen; man müsste sich von nun an auf Wasserfahrt einrichten, und deshalb wurden Boote gebaut. Auch wir bauten ein solches. [Bild]
   Vom Lake Benett wurde also die Fahrt auf kleinen Booten bis Dawson zurückgelegt. Die Seen, auf denen man gegen Dawson fährt, sind durch Flüsse verbunden. Der längste davon ist der Sixty Mile River zwischen Lake Labarge und Musch Lake. Dieser Fluss ist in der Mitte durch den Mile Cannon [wohl Canyon. fj]und durch die White Horse Rapids unterbrochen, Cannon ist eine enge, etwa 30 m breite Schlucht, durch die sich das Wasser durchzwängt, und White Horse Rapids werden durch eine Menge Wirbel im Wasser gebildet. Die große Gefahr liegt darin, dass man leicht an die Felsblöcke anprallt und hiebei das Boot zerschmettert. Die ganze Fahrt durch die Rapids erfolgt sehr geschwind. Man braucht nur wenige Minuten, um 5 engl. Meilen, das ist die Ausdehnung von Mile Cannon bis über White Horse, zurückzulegen. Diese Stelle hat bereits viele Opfer sowohl an Menschen als auch an Booten gefordert, welch’ letztere man am Ufer zerschlagen liegen sieht. Wer sich nicht traut, über diese Stellen sein Boot selbst zu führen, der miethet sich einen Lotsen; ein solcher verlangt für eine Fahrt $20 = fl. 50.
   Zwei Amerikaner hatten übrigens an beiden Ufern eine Trambahn gebaut, um diese gefährlichen Stellen zu umgehen. Die Geleise werden durch abgeästete Bäume gebildet; auf diesen laufen die gußeisernen Räder mit concavem Radkranz. Das Gestell der Wagen als auch die Achsen sind ans Bolz gezimmert. Ein Pferd oder ein Maulthier schleppt so einen Wagen ziemlich rasch, der größte Theil wird im Trab zurückgelegt.
   Außer den White Horse Rapids sind nur noch die Five Fingers als eine gefährliche Steile zu passiren. Die Five Fingers sind große Felsblöcke, welche inselartig den Strom versperren, und zwischen denen sich das Wasser mit großer Gewalt durchzwängt. Von da an geht die Fahrt den breiten Yukon ziemlich ruhig herunter.
   Im August und September wurde der Verkehr von Benett bis Dawson mit drei Schwester-Schiffen, den Dampfbooten Ora, Flora und Nora besorgt.
   Dawson City, nach dem canadischen Geometer und Geologen Dawson benannt, ist heute eine regelrechte Stadt mit ca. 15.000 Einwohnern. Im Sommer waren dort ca. 25.000 Einwohner. Wenn ich sage, regelrechte Stadt, so meine ich es natürlich im amerikanischen Sinne, die Straßen sind alle rechtwinkelig ausgestreckt aber natürlich nur zum Theil ausgebaut. Die Frontstreet, auf der sich das ganze Geschäftsleben concentrirt, ist besonders zu erwähnen. Es ist da eine ganze Reihe von einstöckigen Blockhäusern vorhanden mit bunten Placaten und Aufschriften, wie z. B. »Monte Carlo«, die auch dem Neuangekommenen den Zweck des Gebäudes anzeigen; eine ganze Reihe von Vergnügungslocalen, Advocaturskanzleien, Banken, eine Minenbörse unter einem großen Zeltdache, zwei Kirchen, drei Spitäler, fünf Dampfsägen, elektrische Beleuchtung, ein Regierungsgebäude, eine Polizeistation und – last not least – ein Recording-Office, das ist das löbliche Bergamt.
   Auch das weibliche Element ist in sehr schöner Form vertreten, ich meine die hübschen Tänzerinnen. Wenn man des Abends in eines der vielen Vergnügungslocale eintritt, so wird man unwillkürlich überrascht. Jeder Tanz wird von dem Miner sofort am Bar honorirt. Als Grundpreis gilt hiebei 1 Dollar für einen Tanz.
   Die Preise in den Hôtels schwanken ausserordentlich. Eine Mahlzeit, Mittag- oder Abendessen, kostete bei meiner Ankunft $ 3·50 = fl. 8·–, bei meiner Abreise nur $ 1 = fl. 2·50. Ein halber Dollar ist dort die Scheidemünze. Jede Zahlung [Seite 132] erfolgt in Goldstaub. Es besitzen deshalb alle Geschäfte und Hôtels Goldwagen [sic!] mit einer Scala, auf welcher die Dollars auf Goldgewichte umgerechnet sind.
   Dawson ist am 14. October 1898 zur Hälfte niedergebrannt. Der Schaden wird mit $ 603.000 = fl. 1,500.000 beziffert.
   Derjenige, welcher als Goldgräber nach Klondyke gekommen ist, hält sich nicht lange in Dawson auf, sondern geht hinaus zu den Creeks (Bächen).
   Nach canadischem Gesetz ist jeder Mann und jede Frau, die 18 Jahre alt sind, zum Miner brechtigt. Man muss sich nur ein Certificat im Bergamt um $ 10 = fl. 25 kaufen. Dieses Certificat berechtigt den Besitzer zum Prospectiren (Schürfen) im ganzen Yukon-Territorium. Claims darf er jedoch nur höchstens vier ausstecken, und auch die müssen in verschiedenen Districten sein. Käuflich erwerben kann jeder so viel Claims als ihm beliebt. Er darf auch auf Grund der Miner-Licenz all das nöthige Holz zum Bauen der Hütten, zum Zimmern des Schachtes, zum Feuer, für die Sluiceboxes etc. hauen.
   Der Goldsucher oder Miner, wie er allgemein in Klondyke genannt wird, hat nach seiner Ankunft zuerst seinen Outfit, das ist seine ganze Ausrüstung, in Dawson untergebracht. Entweder bauen sich einige zusammen eine Hütte, oder es wird nur ein Zelt aufgestellt, um die Gegenstände darin aufzubewahren. Ein zugebundenes Zelt bedeutet ein verschlossenes Haus und Niemand wagt es, es zu betreten. Viele bauen sich nur sogenannte Cashes. Das sind taubenschlagartige Verschalungen, welche gewöhnlich etwa 12 oder 15 Fuß hoch auf Piloten gesetzt werden, um den Inhalt vor Üeberschwemmungen und vor den Hunden zu schützen. In diesen Verschalungen liegt der ganze Vorrath. Der Miner nimmt nun auf seinen Rücken so viel als er tragen kann, 50—60 Pfund, und begibt sich in das Goldterrain. Gewöhnlich sind es Partien von zwei bis drei Miners, welche zusammen operiren. Haben sie nun einen Bach oder Creek erreicht, wo sie Gold zu finden glauben – ein gutes Andeutungsmittel ist ein schwarzer, eisenhältiger Sand – so graben sie ein rechtwinkeliges Loch, welches oft ziemlich tief ausfällt. Darin liegt die große Schwierigkeit des Prospectirens in Klondyke, dass man die Schurfschächte so tief, etwa 15 bis 30 Fuß, und zwar immer im gefrorenen Erdreich, graben muss. Diese Arbeit ist sehr zeitraubend; es ist aber ein Bach nicht prospectirt, wenn man das Liegende der Goldformation nicht erreicht. Das Liegende ist entweder – und zwar gewöhnlich – ein gelber Glimmerschiefer wie auf der Bonanza, in Eldorado, Sulphur oder ein grüner Sandstein wie am Skookum, Adams etc.
   Hat nun die Partie das Gold wirklich gefunden, wozu sie öfters den Schotter in Waschpfannen (pans) gewaschen hat, so wird der Claim gesteckt. Man steckt zu diesem Zwecke ein Rechteck um den Fundort des Goldes nach gewissen gesetzlichen Dimensionen. Ein solcher Pflock muss ca. 4 Fuß über den Boden reichen, wird oben vierkantig zugehauen und mit Bleistift beschrieben. Man schreibt den Namen des Miners, die Nummer der Licenz, das Datum und die Breite, respective die Länge des Claims auf.
   Man notirt sieh nun alle diese Angaben, notirt sich eventuell auch noch, wie weit der Claim von der Mündung des Baches ist und geht nun nach Dawson in’s Bergamt, wo einem darüber ein Schein, ein Certificat, ausgestellt wird. Nun ist man Besitzer des Claims gegen einen Erlag von $ 15, hat aber die Verpflichtung, innerhalb eines Jahres wenigstens drei Monate darauf zu arbeiten. Daher erklärt sich auch die Bestimmung, dass ein Miner nur höchstens vier Claims haben soll, da viermal drei Monate ein Jahr ausmachen.
   Der erste Claim, der an einem noch unbekannten Creek ausgesteckt wird, heißt der »Discovery Claim«; er darf nach dem Gesetze doppelt so groß sein wie die andern und bekommt im Recording office die Nummer Null. Die übrigen ausgesteckten Claims bekommen dann fortlaufende Nummern, und zwar heißen sie, je nachdem sie oberhalb oder unterhalb des Discovery Claim sind, »above« oder »below discovery«.
   Man spricht von dem goldreichen Klondyke. Eigentlich wurde am Klondyke selbst nichts Abbauwürdiges gefunden. Es sind das die Zuflüsse des Klondyke, die außerordentlich reich sind, vor allem die Bonanza, Eldorado, Hunker, weiters Sulphur, Dominion, Eureka, Quartz-Creek, letztere wieder sind Zuflüsse des Indian River. (Siehe Fig. 4, Karte von Klondyke.)
Fig. 4. Karte von Klondyke. Klickbar (158 kByte)
Der goldführendste Theil des Districtes ist auf der Karte schraffirt. [Die Karte zur Vergrößerung klickbar, 158 kByte]
   Im letzten Winter wurden hauptsächlich Creek Claims, das sind also Claims an Flüssen, gesteckt. Als heuer im Frühjahr neue Miners kamen, mussten sie sich mit den Bergabhängigen, begnügen und diese erwiesen sich über alle Erwartung ergiebig.
   Die Größe der Claims hängt vor Allem davon ab, ob es Creek Claims oder ob es Bench Claims sind, und zum Theil, an welchem Fluss sie liegen. Eldorado und Bonanza haben die kleinsten Claims, sogar 100' × 100' oder 250' × 250' [' = Fuß, foot = 12" = 30,48 cm; " = Zoll, inch = 25,4 mm; also etwa 30 × 30 oder 75 × 75 m. fj]. Diese Bestimmungen wurden im vorigen Winter wiederholt geändert, daher ein gewisses Chaos existirt.
   Hat nun der Miner seinen Claim recordirt, so kann er an den Abbau gehen. Es hängt aber von der Beschaffenheit des Claims ab, zu welcher Jahreszeit er ihn durchführen kann. Ist der Claim ein Hill Claim, der also am Hügel liegt, so ist gewöhnlich die taube Ueberlagerung eine sehr geringe, oft nur einige Fuß, und er kann den Claim als Tagbau betreiben. Dazu eignen siech nur die Sommermonate. Die Sonne besorgt dann das Aufthauen des gefrorenen Erdreichs. Von den Sommer diggings waren im verflossenen Sommer nur sehr wenig in Arbeit. Die große Schwierigkeit liegt in der Wasserbeschaffung. Man muss eigentlich den ganzen goldführenden Schotter in das Thal bringen, und das war noch sehr theuer. Große capitalskräftige Gesellschaften werden diese Arbeit natürlich vornehmen, und viele Claims, die heute nicht abbauwürdig sind, werden sich dann trotzdem als abbauwürdig erweisen.
   Die Mehrzahl der heute bearbeiteten Claims liegt im Thal. Hier ist jedoch der Abbau wegen des Grundwassers nur in den Wintermonaten, wenn alles gefroren ist, möglich.
   Die Prospectingshaft werden dann zuerst erweitert oder es werden auch neue Schächte 6' × 6' [knapp 2 × 2 m. fj] abgeteuft.
Fig. 5. Profil eines Schachtes. Klickbar (64 kByte)
   Man bedient sich dabei des Feuers, um den Boden aufzuthauen. Man zündet jedoch selten einen Holzhaufen im Schachte an, weil dann die Seitenwände des Schachtes einstürzen. Nur unerfahrene Anfänger thun dies. Es wird vielmehr ein Steinhaufen obertags bis zur Rothgluth erhitzt, worauf man die heißen Steine in den begonnenen Schacht wirft. Nach circa 8 Stunden werden 12" bis 18" [30 bis 45 cm. fj] des Bodens aufgeweicht und [Seite 133] man schafft mit einem Kübel zuerst die Steine, dann den Schlamm zu Tage. Oben hat man mittlerweile einen neuen Steinhaufen heiß gemacht und man wiederholt die ganze Procedur, bis das Liegende erreicht ist.
   Das Gold ist hier durchwegs nur in secündärer Lagerstätte vorhanden. Die primäre Lagerstätte wurde nicht gefunden. Die goldführende Schotterschichte wird nun gleichfalls mit solchen glühenden Steinen, die gegen die Stirnwand geschaufelt werden, gelöst und zu Tage gefördert. Es entstellen dadurch kellerartigc Höhlen, die gewöhnlich gar nicht gezimmert werden. Die Decke hält sich auf 25' bis 30' [65 bis 75 cm. fj] fest. Das ist auch gewöhnlich der Raum, der einem solchen Schacht zukommt. Der Nachbarraum wird von einem neuen Schacht aus abgebaut.
   Der zu Tage geförderte Schotter, gewöhnlich Dump genannt, wird auf eine Halde geworfen und im Frühjahr, d. i. Ende April oder Mai, Juni, wenn die Bäche aufgethaut sind, gewaschen.
Fig. 6. Goldwaschen am Eldorado.
(Fig. 6 [besseres Bild]) Das Wasser wird zu diesem Zwecke in hölzerne Tröge, sogenannte Sluiceboxes, geschaufelt. Diese Holzrinnen werden stellenweise mit einem Holzrost belegt und zwischen den Roststäben sammelt sich das Gold an; von Zeit zu Zeit wird es dann herausgenommen. Durch diese sehr einfache Wäscherei geht natürlich viel feines Gold verloren. Ich schätze es auf 20 %. Im nächsten Jahre dürfte schon so mancher Claim mit Quecksilber-Amalgamation versehen sein.
   Die Miners sind verpflichtet, von den Brutto-Einnahmen 10 % Royalty an die Regierung zu zahlen. Diese Steuer ist ungeheuer groß und war der Grund, dass viele Claims heuer nicht bearbeitet wurden. Die Besitzer leisten nur die vorgeschriebene Arbeit von 3 Monaten und warten mit dem Abbau, bis die Royalty auf 2 % heruntergesetzt sein wird.
   Die Sicherheitsverhältnisse sind im ganzen Klondykegebiete außerordentlich gute. Erstens ist eine sehr gut organisirte Polizei, die Mounted Police, vorhanden, die von einem so richtigen Tact- und Rechtsgefühl geleitet wird, dass sie als militärisches Institut für diesen Zweck einzig dasteht. Ein weiterer Grund ist auch der, dass es in Klondyke keine Armen, kein Elend gibt. Entweder ist ein Miner so glücklich und sichert sich einen ausgiebigen Claim und wird dann ein reicher Mann, oder er ist nicht so glücklich, dann aber findet er Arbeit für einen sehr hohen Lohn und macht Geld auf diese Weise.
   Die Postverbindung lässt noch sehr viel zu wünschen übrig. Ein Telegraph ist eine schreiende Nothwendigkeit. Ich bin auch überzeugt, dass der Draht schon im nächsten Frühjahr Dawson mit Skagway verbinden wird. Der Postdienst wird im Klondykegebiet von der berittenen Polizei besorgt. Die Post trifft jedoch sehr unregelmäßig ein. Die Briefe werden immer in Säcken expedirt. Die Beförderung von Zeitungen und Paketen hat die Post principiell abgelehnt. An den Tagen, an welchen die Post ankommt, alle 14 Tage bis 3 Wochen, verbreitet sich die Nachricht hievon blitzartig in Dawson, denn jeder Goldgräber erwartet Nachricht aus seiner Heimat. Eine große Menschenmenge sammelt sich vor dem Postgebäude, wie das auf unserem Bilde zu sehen ist. (Fig. 7.)
Fig. 7. Ankunft der Post in Dawson.

   Das Klima ist im Klondykegebiet im Allgemeinen ein gesundes. Von Krankheiten kommen besonders Scorbut, angeblich von der mangelhaften und einförmigen Ernährung, sowie Typhus vor. Die Temperatur sinkt bis auf - 30° R [R = Reaumur. 80 °R = 100 °C, selber Nullpunkt. Also -30 °R = fast -40 °C. fj] . An solchen Tagen ist es aber gewöhnlich sehr windstill, weshalb auch diese Temperatur erträglich ist.
   Die Goldproduction betrug im letzten Sommer etwa 8 Millionen Dollar Goldstaub, vielleicht etwas mehr. Die Höhe der Production läßt sich aus der Steuer constatiren, die bezahlt worden ist. Klondyke wird für die civilisirte Menschheit nur solange eine Bedeutung haben, als sein Mineralschatz dauert. Neben Gold ist auch ein schönes Kohlenvorkommen vorhanden. Aber auch dieses wird nur so lange ausgebeutet werden, als Gold gegraben wird.
   Nach den heutigen Anfschlüssen glaube ich, dass die Zukunft von Dawson auf 10 bis 20 Jahre gesichert ist. Sollten wider Erwarten keine neuen goldführenden Creeks mehr entdeckt werden, so wird Dawson nach 15 Jahren verlassen sein und die Häuser, in denen heute Tausende und Tausende von Dollars Umsatz finden, werden wieder zu Rauchhütten für Indianer. Ich glaube jedoch Anhaltspunkte zu haben, dass man noch eine Reihe von Flüssen als sehr goldführend erkennen wird. Zuerst glaubte man, mit der Bonanzo [sic, müsste wohl ›Bonanza‹ wie oben heißen. fj] hätte man die Funde erschöpft, dann kam Eldorado, dann Sulphur, dann Dominion; weiter kann man heute wegen der Proviantirung schwer vordringen. Alles muss getragen werden und die Lastthiere sind nicht zu ernähren. Aber die Prospectoren sind sehr zähe Leute, Alles, selbst das Leben riskiren sie. Denn wer einmal den Reiz gekostet hat, der darin liegt, wenn man der Mutter Erde die Schätze abringt, der findet es begreiflich, wenn die Bergleute – und Goldgräber sind es ja im eminentesten Sinne des Wortes – der Meinung sind: »Das Leben ist der Güter höchstes nicht«. Viele werden vielleicht geopfert, den Nutzen aber hat die Menschheit.

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Die Reisenden waren Zdenko, Emil und Jaroslaw Hořovský, meines Erachtens im Jahr 1898.
Wikipedia-Eintrag
Gescannt von Fritz Jörn im August 2005. Manche Bilder zur Vergrößerung klickbar. Original-PDF (2,2 MByte). Korrespondenz willkommen an
Fritz@Joern.De
Vater:
Ing. Eduard Hořovský, 1831 – 1898, Bergrat und Betriebsdirektor – Sohn bezw. Enkel: Paul HorovskyStammbaum
  Links (man suche sowohl nach "Klondike" als auch nach "Klondyke"):
Schöne kanadische Dokumentation: Gold Rush, Bilder klickbar
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Bildarchiv, Bilder von Eric A. Hegg
A “Powerful and picturesque scene on the Yukon River” from a 1897 lithograph poster for The Heart of the Klondike, written by Scott Marble
Jack London Housekeeping in the Klondike, Bilder E. W. Deming
Bilder vom Gold Rush
Bild unterwegs mit Pferden
Zeichnung Goldwaschen
Blog
The Klondike Quest
Ein Blog für moderne Goldwäscher
 
Weitere historische Reminiszenzen, etwa zur
indo-europäischen Telegraphenlinie oder zum Goldrausch in Kalifornien
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Donald Duck im alten Kalifornien
Als Zugabe hier noch ein kleines Bild aus Walt Disney: »Donald Duck im alten Kalifornien«, Weltbild Buchverlag 2005 ISBN 3-89897-071-X Seite 50
Stand 30.1.11