Zeitschrift des Oesterr. Ingenieur- und Architekten-Vereines, LI. [= 51. fj] Jahrgang. Wien, Freitag, den 3. März 1899 Nr. 9.
Eine Reise nach Klondyke [dreier Brüder im Jahr 1898. fj]
Vortrag des Herrn Berg-Ingenieurs
Zdenko Hořovský, gehalten in der Versammlung der Fachgruppe der Berg- und Hüttenmänner am 1. December 1898.Bis vor zwei Jahren hatte die civilisirte Welt nur sehr vage Vorstellungen von Alaska; man wusste nur, dass dieses Land hoch im Norden liege; einige in der Geographie besser Bewanderte wussten auch, dass die Beringstraße dort irgendwo vorbeiführe, mehr war nicht bekannt. Interesselos schlummerte das Land seit Jahrhunderten. Von Mitte Juni 1897 an konnte man aber kein Zeitungsblatt in die Hand nehmen, ohne auf Artikel über angeblich sehr große, in Alaska gefundene Goldfelder zu stoßen. Die Zeitungen nannten auch Klondyke und Dawson City, aber auf keiner Karte waren diese Namen zu finden.
Seit etwa zehn Jahren wurde der Yukon bereits von Goldgräbern befahren, es wurde auch eine Stadt, namens Circle City, gegründet, die Stadt am Kreis (Polarkreis), die Goldfunde hatten jedoch nur genügt, um das beschwerliche Leben der Goldgräber zu fristen. Als nun im Sommer des Jahres 1896 das erste Gold auf einem Zuflusse des Klondyke – der Klondyke ist Nebenfluss des Yukon – gefunden wurde, da waren es zuerst die Goldgräber von Circle City, die Besitz von dem neuen Land nahmen. Sie »stakten«, wie der amerikanische Ausdruck dafür lautet, die Bonanza, dann den Eldorado und arbeiteten in aller Stille eine geraume Zeit, ehe die Außenwelt auf ihre Erfolge aufmerksam gemacht wurde.
Als nun der Dampfer »Excelsior« im Juni 1897 zum ersten Male mit ¾ Millionen Dollars und kurz nachher auf einer zweiten Reise am 16. September 1897 von St. Michail mit 2½ Millionen Dollars Goldstaub ankam, da zeigte es sich, dass das Gerücht von dem Goldreichthum auf Wahrheit beruhe und Tausende suchten nun, vom Goldfieber ergriffen, den geeignetsten Weg nach Klondyke. Es gab eine Zeit, in der man sagen konnte, alle Wege führen nach Klondyke. Als passirbar wurden die folgenden empfohlen:
Der Weg über Edmonton (siehe Fig. 1, Skizze von Nordamerika [moderne Skizze]), der von der Station Calgary der Canadia Pacific ausgeht und sehr langwierig ist. Man trachtete den Mackenzie River zu erreichen. Dieser Fluss wird durch Indianer auch als goldführend bezeichnet. Viele ließen sich zu diesem Wege durch die Sorge verleiten, dass Klondyke bereits ganz besetzt ist, andererseits hofften sie, dass sie schon am Mackenzie River so glücklich sein würden, wie die Klondyker. Zu meiner Zeit, im August dieses Jahres [1898. fj], hat noch keiner der Reisenden, die über Edmonton giengen, Dawson erreicht und über ihr Schicksal herrscht vollkommene Ungewissheit. Eine andere Route ist die über den Teslin Lake, aber auch diese wurde des zu großen Landweges wegen aufgegeben.
Eine weitere Route ist über den Dalton Trial. Dieser ist eigentlich ein Reitweg und eignet sich für Viehtransporte ganz besonders. Thatsächlich wurden im letzten Sommer 1000 Stück Rindvieh auf diesem Wege bis Fort Selkirk getrieben. In den Sommermonaten finden die Thiere genügend Gras am Weg, die Cowboys, diese professionsmäßigen, berittenen Kuhhirten von Nordamerika, treiben das Vieh bis zum Pelly River, von da wurde das Vieh auf Flössen oder Flachbooten bis Dawson herunter geschwemmt.
Der sehr lange Seeweg über St. Michail eignet sich für schwere Lastentransporte und für Sommertouristen, die die ganze Reise bequem zurücklegen wollen und denen gar nichts daran gelegen ist, wann sie in Dawson ankommen. Die Ocean-Dampfer bringen Passagiere und Frachten bis St. Michail, dort wird alles auf Flussboote umgeladen, und nun geht es den Yukon hinauf. Der Uebelstand liegt nun darin, dass die Mündung des Yukon vor Ende Juni nicht eisfrei wird. Dawson ist bereits Ende April schnee- und eisfrei, aber erst in der zweiten Hälfte Juli gelangt man über St. Michail dahin.
Ein weiterer Uebelstand besteht noch darin, dass die schiffbaren Arme des Yukon so ausserordentlich rasch versanden, dass man bei jeder Fahrt wieder eine neue Strecke lotsen muss. Als Lotsen werden Indianer verwendet, aber auch ihre Erfahrung versagt jeden Augenblick.
Die am meisten frequentirte und aus vielen Gründen zweckmäßigste Route ist die über Lake Bennett von Skygway aus; diese Route hatte auch ich mit meinen Brüdern genommen, aber [Ende Seite 129. Seite 130:] zu jener Zeit war der Weg noch nicht das, was er heute ist, keine Eisenbahn, keine Dampfer, keine Herberge. Die Reise war aber schwieriger als die auf den anderen Wegen, weil man die beschwerlichsten Pässe passiren musste, sie hatte aber den großen Vortheil, dass sie geographisch die kürzeste war.
Ueber St. Francisco sind es vorzugsweise der amerikanische Hafen Seattle und der canadische Hafen Vancouver in British Columbian [sic!], die ziemlich gute Dampferverbindungen mit Skagway besitzen. Wir langten von New-York auf der Canadian Pacific in Vancouver an. (Ich will hier einschalten, wie der Klondyke Rush zu der gegenseitigen Concurrenz zwischen den einzelnen transcontinentalen Bahnen geführt hat. Eine Fahrkarte inclusive Pullman Car, welche sonst $ 100 = fl. 250 kostet, wurde um $ 35 = fl. 85 geboten. [fl. ist die Abkürzung für
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Die Reisenden waren Zdenko, Emil und Jaroslaw Hořovský, meines Erachtens im Jahr 1898.
Wikipedia-Eintrag
Gescannt von Fritz Jörn im August 2005. Manche Bilder zur Vergrößerung klickbar. Original-PDF (2,2 MByte). Korrespondenz willkommen an